Ich erzähle euch mal was. Aber ich hoffe, es stört euch nicht, wenn ich ab und an mal etwas weiterlaufen werde. Denn ich bin immer unterwegs. Auf einer Tour. Mein Weg ist genaustens eingeteilt. In zwölf Einheiten. Und ich habe eine ganze Menge Zeit, um diesen Weg zu gehen. Jedoch Kann jedoch nicht einfach losrennen. Denn bei jedem Schritt, den ich gehe, muss ich auf meine beiden Kollegen warten. Der eine ist ein ziemlich hektischer. Er rennt einfach nur unentwegt jenen gleichen Weg entlang, der auch mir vorgegeben ist. Dabei teilt er sich seine Strecke in 60 Einheiten ein. Er eilt dahin und gelangt doch nur immer wieder zum Anfang des Weges zurück. Ohne jede Pause beginnt er dann sofort eine neue Runde. Kein Verweilen, kein Hallo zu seinen Kameraden. Rennt einfach weiter. Schritt für Schritt. Runde um Runde. Tick. Tick. Tick.
Aber jedes Mal, wenn er eine Runde vollendet hat, darf mein zweiter Kollege, der Gemütliche, einen Schritt machen. Einen! Dann wartet er wieder. Hat den Gehetzten immer im Auge. Und wenn dieser eine weitere Runde vollendet hat, dann folgt sein nächster Schritt. Langsam vollende auch er seine Runde. Auch er braucht dazu 60 Schritte.
Und ich? Was mache ich? Ich habe Zeit und kann daher viel erzählen. Aber hin und wieder muss auch ich weiter. Genau nach zwölf Schritten meines zweiten Kollegen, des Gemütlichen, gehe ich einen Schritt voran. Wohlgemerkt, einen Einzigen! Niemals zwei. Oder gar drei. Einen einzigen! So habe ich, wenn der Gemütliche seine Runde vollendet hat, fünf Schritte zurückgelegt. Aber diese fünf kleinen Schritte zählen nur wie ein Einzelner. Sonst müsste ich ja springen. Fünf Schritte weit. Nein, das will ich nicht! Ich gehe lieber ganz langsam voran und teile mir meinen Weg ein.
So geht es ständig weiter. In unseren Inneren treibt uns eine wunderbare Technik an. Eine Technik, die immer richtig tickt. Immer im gleichen Takt. Tick, Tick, Tick. Mit jedem Tick geht der Hektische einen Schritt voran. Über ein ausgeklügeltes System ineinandergreifender Zahnräder bestimmt der Takt unser ewiges Voranschreiten. Uns ist keine Ruhe vergönnt.
Dabei ist Ewigkeit gerade das Gegenteil, von dem was wir darstellen. Denn die Zeit vergeht. Immer im gleichen Maß. Immer der gleichen inneren Unruhe folgend. Woher nimmt Maschinerie wohl ihre Energie? Keine Ahnung. Ist auch nicht mein Problem. Ah! Moment, ich muss wieder einen Schritt nach vorne gehen. Seht, meine Kollegen sind wieder auf der Zwölf angekommen. Und ihr habt Glück, denn jetzt könnt ihr ein Spektakel erleben.
Ding Dong, Ding Dong, Ding Dong.
Habt ihr gehört? Dreimal. Seht ihr, ich bin geschritten und stehe nun auf der Drei. So ist es jedes Mal. Der Gemütliche kommt oben an, und schon dingdongt es. Jedes Mal, genau so oft wie die Zahl wert ist, auf die ich dann zeige.
Mich nervt das. Oder auch nicht. Denn es ist einfach so. Und es wird niemals anders sein. Kommt morgen wieder. Ihr werdet es erleben. Ich stehe auf der Drei und
Ding Dong, Ding Dong, Ding Dong.
Übermorgen: Das Gleiche. Am Samstag, am Sonntag immer wieder das Gleiche:
Ding Dong, Ding Dong, Ding Dong.
Jedes Mal, wenn ich auf der Drei stehe. Lustig! Oder auch nicht. Denn es ist einfach immer so. Immer das Gleiche.
Es gefällt mir, dass es nur bei mir passiert. Die anderen rennen sich ab. Der Gehetzte weiß nicht wie er zur Ruhe kommt. Und ich stehe die ganze Zeit ziemlich ruhig herum.
Der eine rennt sechzig Schritte, dann der andere einen Schritt. Und wieder sechzig Schrittevom Ersten. Noch einen Schritt vom Zweiten.
Und ich schaue nur zu. Es geht mich alles nichts an. Nochmal sechzig Schritte. Noch einen Schritt. Bald hat der Gemütliche zwölf Schritte hinter sich. Dann darf auch ich. Nur einen kleinen Schritt nach vorne. Nur einen kleinen. Nicht etwa den einen großen. Nur kleine Schritte.
Endlich. Ach es ist doch egal. Denn es ist eben immer so.
Schon stehe ich wieder still und schaue dem Hasten der anderen zu.
Noch einen kleinen Schritt. Noch einen und noch einen. Dann:
Ding Dong, Ding Dong, Ding Dong, Ding Dong.
Hört ihr! Es hat viermal geschlagen. Toll! Ach was, das ist nicht toll. Das ist immer so. Kommt morgen wieder. Genau das Gleiche. Viermal, wenn ich auf der Vier stehe. Am Montag, am Dienstag, immer wieder. Viermal.
Warum kann es nicht einfach einmal fünf Mal schlagen? Oder sechs Mal, wenn ich auf der Vier stehe?
Es ist zum Verzweifeln. Oder auch nicht. Denn es ist immer so. Jeden Tag. Donnerstags, freitags, samstags. Einfach nur langweilig. Ach was. Was soll da schon langweilig sein. Es ist halt immer so.
So geht’s im Kreis. Der Weg ist weit und doch begrenzt. Eben wie immer, wie immer, wie immer.
Hintergrund der Geschichte:
Eine beliebige Geschichte schreiben, ohne jeglichen Höhepunkt oder Spannungsbogen.
2,5 Seiten